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0.16.2 Auf zur Hauptstadt (Teil 2)

  Das Trio verlie? wieder die Bibliothek. Als sie aber bei dessen gro?em Tor heraustraten, bot sich ihnen ein unerwarteter Anblick. Die an der Hauptstra?e liegende Bücherei passierte ein riesiger Schwall an Menschen. Schon innerhalb der Einrichtung hatten sie Krawall von drau?en vernommen, doch hatten sie sich nicht gedacht, dass es sich um derartig gro?e Menschenmengen handeln würde. Was war hier los? Keiner der drei wusste es. Eilig glitten sie die langen Treppen zu ihren Pferden hinab, damit sie diese vor den Massen hier beschützen konnten. Wenzel hatte solch eine Eile im Kopf, dass er sogleich zu seinem Gaul hinflog, anstatt zu laufen. Dummer Einfall, wie sich herausstellte! Die Passierenden erkannten daraufhin, dass er der Erkorene war. Sogleich str?mten mehr und mehr Menschen zu den M?nnern herbei und begannen diese zu umzingeln. Niemand von diesen meinte es schlecht, sie waren nur Schaulustige. Dennoch weckte dies gro?e Besorgnis bei Brahm und Ferenc, die sich augenblicklich schützend um Wenzel stellten und die Leute anbrüllten zurückzuweichen und das, obwohl diese nur harmlose Fragen stellten, beziehungsweise versuchten Wenzel, wenn auch nur irgendwie, zu berühren.

  Die Aktion half allerdings nichts und die Traube um sie herum wuchs immer mehr an. Einer abgewimmelten Person folgte sogleich die n?chste nach, die wieder aggressiv vergrault werden musste. Der Druck auf die drei begann immer mehr zu wachsen, bis schlie?lich Wenzel die Reisleine zog und nach oben aus der Menge hinausflog. Er landete auf dem Dach des Hauses auf der anderen Stra?enseite. Die Menge lie? gleich von ihnen ab, als sie merkten, dass der Erkorene jetzt woanders war. ?Ave, Melgar!“, war von vielen immer und immer wieder zu h?ren. Wo kamen die alle her? Der Bursche hob seine Begleiter durch Telekinese auf und lie? sie zu sich herüber aufs Dach schweben. Danach hob er ihre Pferde hoch und transportierte sie auf die andere Seite des Hauses, also in eine Nebenstra?e, wo fast nichts los war. ?Ein Staunen, lautes Gepl?rre und Rufen ging infolge durch die Menschenmenge, als sie das sahen. Von hier oben konnte man die Stadt gut überblicken, wodurch die drei nun auch ersp?hten, dass diese Leute nicht aus der Stadt waren. Beim südlichen Stadttor str?mte eine Flut an Menschen herein. Sie hatten aber keine Zeit, sich das gut anzusehen, da sie sich beeilen mussten, um nicht von der Masse wieder umlagert zu werden. Wenzel lie? sie hinunter schweben, direkt in die Sattel ihrer Pferde. Dann ritten sie geschwind, los, um Abstand zu gewinnen.

  Als sie gefühlt au?er Reichweite waren vermerkte der junge Mann: ?Ich m?chte dort nach vorne und mir ansehen, was da los ist.“ Seine zwei Leibw?chter, die gleichsam interessiert waren, stimmten ihm zu. Sie ritten durch die weniger frequentierten Stra?en in Richtung Süden. Unter den gro?en Linden der breiten Promenaden hindurch ging es dann über eine der Brücken, die den m?chtigen Duhn überspannten. Dann ging’s entlang der Uferpromenade, wo sich zu ihrer Rechten eines der Quartiere der Inquisition befunden hatte. Das nun verlassene Geb?ude war mit Steinen, Eiern beworfen worden, was an dessen Fassade erkenntlich war. Davon nahm unser Protagonist nicht einmal Notiz, als sie an dem Genannten vorbeikamen. Schlie?lich erreichten sie einen der gr??eren Pl?tze der Stadt, auf dem riesige Menschenmassen sich tummelten. Das Trio blieb stehen und sah sich deren Durchzug in Richtung Innenstadt an. Nun konnten sie besser sehen, wohin diese unterwegs waren. Die Verkündigungskathedrale war offenbar das Ziel dieser. War es also eine Pilgerfahrt? Es w?re wohl m?glich, dies zu argumentieren, aber eine solche Schlussfolgerung würde wohl nicht ganz stimmen. Was die tats?chliche Antwort darauf war, würden sie schon bald erfahren.

  Inmitten der Scharen, die sich in die Stadt hereinw?lzten, ritt ein alter, ausgezehrter Mann, auf einem fast ebenso ausgezehrt wirkendem Ross. Er trug priesterliche Kleidung, die aber bunt verziert war, und hatte einen gro?en, witzig aussehenden Hut, fast schon wie eine Warnleuchte, auf dem Kopf. ?Oh, Meglarsbruck, du Perle am Duhn! Dass ich dich dereinst wiederseh, war meine sch?nste Hoffnung. 40 lange Jahre sind seitdem ins Land gezogen! Wie auch uns hat der Griff des B?sen, der dich innehatte, klar dich ver?ndert. Doch alle Wunden wird die Zeit heilen“, sprach Patriarch Elias II., umgeben von anderen Geistlichen, die sich auch hierher aufgemacht hatten. Die Fahnen, die sie zur Schau stellten, waren jene der Altgl?ubigen Kommune, die des Patriarchen selbst und eine dritte mit einer Sonne darauf, die Wenzel nicht kannte.

  Die von ihren Predigten inspirierten M?nner waren ihnen auf ihrem Einzug in die alte Hauptstadt gefolgt. Seit dem beginn ihrer Reise hatten sich in allen Orten, die sie durchquerten, mehr und mehr dem Wegzug angeschlossen. Von allen Gegenden her waren immer gr??ere Zahlen an K?mpfern ihrem Ruf gefolgt und hatten sich in eine gewaltige Wanderung an Menschen verwandelt. Seine Heiligkeit hatte am Vorabend der Revolution zum gro?en Aufstand und zum Heiligen Krieg gegen die alethische Gewaltherrschaft aufgerufen. Und das Volk hatte ganz offenbar geantwortet! Wenzel und seine Leibw?chter schauten fasziniert dabei zu, wie so viele Leute von Nah und Fern nach Meglarsbuck hereinstr?mten. Es war ein berauschender Anblick. Hie an da waren Rufe von, ?Preiset die M?rtyrer!“, oder, ?Ave, Melgar!“, zu h?ren. Elias hatte den Krieg nicht in seinem eigenen Namen verkündet, sondern, so wie es Tradition war, im Namen des Erkorenen.

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  Durch die verstopften Stra?en schob sich die ankommende Delegation langsam voran zur Kathedrale. Als sie dort ankamen, verkündeten schlie?lich die Posaunen von den Türmen herunter die Messe, welche der Patriarch selbst abhalten würde. Dafür waren die drei Gef?hrten allerdings nicht mehr anwesend, da sie schon zuvor Abschied von dem Zug genommen hatten und sich wieder in den Palast begaben. Dort angekommen meinte Brahm nun: ?Das war nicht gerade eine gute Situation, in der wir heute waren. Wegen der Meute, die uns umzingelte, meine ich.“ Die anderen beiden mussten ihm da recht geben. ?Ich glaube, wir sollten August um eine Erh?hung der Anzahl an Leibw?chtern für dich fragen, Wenzel.“ – ?Würde Sinn machen“, best?tigte ihn der Angesprochene.

  Somit begaben sie sich gleich zu August hinauf, um die Sache mit ihm zu besprechen. Als Wenzel vor ihn trat und ihm die Angelegenheit darlegte antwortete dieser: ?Ich sehe das Problem. Ich werde zusehen, dass das demn?chst gel?st wird. Momentan bin ich aber recht besch?ftigt. Wenn ich dazukomme, wird’s geschehen.“ Sein aktuell kalter, gefühlsloser Ton machte schon einen seltsamen Eindruck. Dann hatte aber Ferenc noch ein Anliegen: ?Du, August! Heute sind riesige Menschenmassen in die Stadt gekommen. Die wurden vom Patriarchen hierhergeführt. Was machen wir mit denen?“ August fuhr fort, ihnen zu erkl?ren, dass dies die Rekruten für das sogenannte ?Volksheer“ waren, etwas, das er im Vorhinein mit der Kirche abgesprochen und vorbereitet hatte. Alles lief im Moment gut ab. Dies war kein Zufall oder irgendeine Art von überraschung. Auf dessen Erkl?rungen hin waren die drei dann aber doch beeindruckt. Ihre Organisation hatte mithilfe von Augusts Planung und Koordination schier Unglaubliches geschafft.

  Als Wenzel und Konsorten dann das Büro des Stabschefs wieder verlassen hatten drückte der Bursche aber seine Bedenken in Bezug auf Augusts Erkl?rung aus. Warum würde er die Anzahl and Leibw?chtern nicht gleich aufstocken k?nnen? Die Sache w?re sehr schnell und einfach m?glich. Brahm und Ferenc lie?en sie die Worte ihres Schützlings durch den Kopf gehen und stimmten ihm zu. Irgendetwas war faul an der Sache. Als sie dann die unteren G?nge entlang schlendernd redeten, spekulierte der Magier, dass August vielleicht noch immer einen Groll auf ihn hegen k?nnte, aufgrund des Vorfalls, bei dem sein Bein verletzt wurde. Anfangs schwieg Brahm dazu, doch ?u?erte dann: ?Ich glaube, dass das eine plausible Erkl?rung w?re. Der Mann vergisst Dinge lange nicht und er kann überaus rachsüchtig sein.“ Aufgrund dessen, was Wenzel mittlerweile von dem Herrn gesehen hatte, wusste er, dass dies definitiv der Fall war.

  Dann schreckte der junge Mann pl?tzlich auf. ?Ha! Wo sind die Gefangenen?“ – ?Die Gefangenen?“ – ?Ja! Diejenigen, die August alle festnehmen hat lassen.“ Jetzt fiel es auch den anderen zwei auf, dass diese nicht mehr im Palast waren. Direkt auf den Plan gerufen, begaben sie sich zum n?chsten Soldaten, der hier die G?nge entlangpatrouillierte und fragten ihn deswegen. Dieser entgegnete: ?Die Gefangenen sind gro?teils hingerichtet worden! Heute um die Mittagszeit war das erst.“ Wenzel knirschte mit den Z?hnen. Es war fast schon so, als h?tte August gewartet, bis die drei au?er Haus waren, um dies durchzuführen. Er war wütend, aber auch entt?uscht, da er wusste, dass dies auch seine Schuld war. Er fragte nun nach: ?Und die anderen? Wo habt ihr die hingebracht, die verschont wurden?“ – ?Ins Gef?ngnis“, kam es kurz vom Soldaten zurück.

  Der Zauberer wandte sich an Ferenc: ?Kannst du mir bitte zum Gef?ngnis schauen, ob meine Adoptiveltern auch wirklich dort sind? Du wei?t schon, das Paar, das ich separat befragt habe.“ Der Mann nickte sogleich und antwortete: ?Geht klar, Boss.“ Dann lief er unmittelbar los, um dies zu tun. Wenzel war nun die Sorge gekommen, dass sich August tats?chlich an ihm r?chen wollen k?nnte, indem er Bertold und Hildegard beseitigte. Er k?nnte dann einfach argumentieren, dass es ein Versehen war, dass diese auch gemeinsam mit den vielen anderen exekutiert wurden. So etwas würde ihm Wenzel allerdings nicht verzeihen! Es dauerte eine ganze Weile, bis Ferenc wieder zurückgekehrt war. Er brachte ihm die gute Nachricht, dass die beiden sehr wohl noch am Leben waren. Da atmete der Bursche erleichtert auf. Ihre Inhaftierung konnte er einstweilen akzeptieren, obwohl er dies auf Dauer wahrscheinlich auch ?ndern wollen würde. Aktuell standen aber viel wichtigere Dinge auf dem Plan. Der Krieg hatte gerade erst begonnen.

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